Rede Horst Berger, Fraktionsvorsitzender
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Burger, Herr Beigeordneter Laber,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
sehr geehrte Zuhörende,
der Haushaltsplan für 2026/27 ist eine herausfordernde und zugleich richtungsweisende Entscheidung für die Stadt Buchen. Als Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen ist das unser erster Doppelhaushalt und wir sind überrascht über die so plötzlichen so einschneidenden finanziellen Zwänge. Buchen war 2023 fast schuldenfrei!
Wir kommen aus einem sehr niedrigen Schuldenstand, bewegen uns aber mit den jetzt geplanten Krediten in Richtung Landesdurchschnitt – in einem Umfeld, in dem alle Kommunen unter massivem Finanzdruck stehen.
Vorab: Wir tragen diesen Haushalt mit. Aus den Reihen des Gemeinderats gab es die Initiative zu einer Haushaltsklausur, die vor rund 2 Monaten nichtöffentlich stattfand. Hier gab es aus unserer Sicht ein erfreulich konstruktives, gemeinsames fraktionsübergreifendes Abwägen der hier im Haushalt vorgelegten Maßnahmen. Wir erkennen an, dass dieser Haushalt auf einen massiven Sanierungsstau reagiert.
Die Investitionen in Schulen, in Kindergärten, in die Abwasser- und Kläranlageninfrastruktur sowie in die Umstellung auf LED-Beleuchtung sind richtige und notwendige Schritte. Diese Investitionen sind nicht nur zukunftsweisend, sie tragen auch dazu bei, dass Buchen als Kommune weiterhin handlungsfähig bleibt und wichtige Infrastrukturen modernisiert werden.
Der Schuldenstand wird sich mehr als vervierfachen – das ist erstmal kein Problem. Wer in die Zukunft investiert macht heute zwangsläufig Schulden. Aber wir müssen uns fragen:
- Welche Projekte finanzieren wir?
- Investieren wir ohne einen klaren Plan für die Zukunft?
- Oder werden die Millionen durch Sanierungsstau, durch Investitionen in Infrastruktur, die den Standort Buchen stärken und die Attraktivität von Buchen weiter stärkt gerechtfertigt?
Wir sagen: Die Schulden müssen sich auszahlen!
Für Wärme- und Verkehrswende, für Klimaschutz, für Familienfreundlichkeit, für soziale Gerechtigkeit!
1) Verkehrswende: Wir sehen gute Anfangsschritte wie barrierefreie Bushaltestellen. Es ist erfreulich, dass Buchen zunehmend auf Radverkehr setzt, Campus ein Thema ist und Geschwindigkeitsreduzierungen umgesetzt werden. Dennoch müssen wir kritisch anmerken:
- tägliche Gefahren durch Elterntaxis gibt es auch am Dr. Fritz Schmitt Ring!
- Vorschläge und Umsetzung von Radverkehrslösungen sollen nicht ausschließlich der Verwaltung und einem Planungsbüro überlassen werden!
- Buchener Eltern, Kinder und Radfahrende haben etliche Ideen in der Stadtradeln App eingebracht – wann wird das Radwege Konzept durch diesen Schatz der Nutzenden am Bedarf optimiert? … und das ganze transparent mit Beteiligung der Bürger*innen.
- Wann wird endlich schulwegplaner-bw.de genutzt? Seit Jahren steht durch unser Verkehrsministerium ein tolles interaktives und praxisbezogenes Werkzeug zur Verfügung.
Im anstehenden Doppelhaushalt hat der klassische Straßenbau nach wie vor deutlich die Oberhand. Eine Gesamtstrategie für eine nachhaltige, sichere Mobilität: Fehlanzeige!
2) Klimaschutz darf nicht nur ein Nebeneffekt von Pflichtaufgaben sein. Die Merkel geführte Bundesregierung hat das Paris Abkommen unterschrieben und Deutschland zur Klimaneutralität 2045 verpflichtet. Das unterstützen wir ausdrücklich!
In 20 Jahren muss umgesetzt sein: Null fossiler CO₂-Ausstoß, Wärme-, Verkehrs- und Energiewende.
Aber der Haushalt zeigt leider keine klare Klimastrategie. Ja, Abwasser, LED, Windkraft – das ist alles gut.
Wo bleiben konkrete Klimaschutzprojekte mit Zielen und Kennzahlen?
Der Antrag unserer Fraktion, Teile der Einnahmen aus der Kommunalabgabe an die betroffenen Ortschaften zu lenken fand hier keine Mehrheit.
Was wäre unser Haushalt ohne die zunehmend steigenden Einnahmen aus Windkraft und PV Anlagen? Einnahmen aus Beteiligungen, Akzeptanzabgabe, Gewerbesteuer!
Windkraft und PV-Einnahmen werden im aktuellen Zahlenwerk in den allgemeinen Haushalt gesteckt, statt in klar ausgewiesene Klimaschutzprojekte. Das kann und darf nicht sein!
Wir schlagen vor: Ein Klimafonds im mittleren sechsstelligen Bereich, der diese Einnahmen nutzt, um Projekte voranzutreiben, die unseren CO₂-Ausstoß senken, die die Menschen entlasten und die unsere Stadt zukunftssicher machen. Diese immensen Einnahmen durch die Energiewende müssen einen klar erkennbaren Mehrwert für Buchens Bevölkerung bekommen.
3) Gebäudeeffizienz:
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat. Es nervt euch, wenn wir Grüne hier im Gemeinderat immer wieder nach KfW Standards bei Sanierungs- und Neubauprojekten fragen.
Auch uns nervt es … dass wir regelmäßig nachfragen müssen!
- Warum ist es nicht Standard dies gleich in der Sitzungsvorlage dargestellt zu bekommen?
- Warum ist nicht Standard so zu bauen, dass man den höchsten KfW Zuschuss anstrebt?
- Energieeffiziente Gebäude sind im Sommer kühl und im Winter sparsam!
- Wir müssen als Stadt bei den kommunalen Gebäuden vorausgehen!
- Wir müssen Vorbild sein für Bürgerinnen und Bürger.
4) Bildung und Familie: In diesem Bereich ist der Haushalt mutig in einer engen Finanzlage. Das begrüßen wir ausdrücklich! Wir Grüne werden immer darauf hinweisen, dass Investitionen in Gebäude von ausreichend Investitionen in „weiche“ Infrastruktur begleitet werden. Wir meinen damit konkret:
Investitionen in Personal, Sozialarbeit in den Schulen, Kultur, Kinder- und Jugendarbeit.
Abschließend möchten wir betonen: Wir stehen zu den notwendigen Investitionen, aber wir möchten sicherstellen, dass sie den wirklich nachhaltigen, sozialen und kinderfreundlichen Zielen dienen!
Buchen kann es sich nicht leisten, weiterhin vor den entscheidenden Herausforderungen des Klimawandels die Augen zu verschließen.
Viele von uns haben Kinder oder gar Enkel.
Buchen kann es sich nicht leisten, in 10 Jahren zurückzublicken und dann erkennen zu müssen, dass wir die Chance auf eine nachhaltige und gerechte Zukunft verpasst haben.
Hier, aus den Reihen des Gemeinderats wird eine weitere intensive Klausur im kommenden Frühjahr gewünscht. Dieser Impuls der fraktionsübergreifend zu hören ist, muss aufgenommen werden. Damit man lange vor der Aufstellung des nächsten Haushalts genügend Zeit hat, auch tiefer liegende strukturelle Dinge betrachten zu können.
Setzen wir die richtigen Prioritäten!
Vielen Dank.