Bauernhofpädagogik: Vom Wissen zum Handeln – Nachhaltige Bildung im ländlichen Raum

Nachhaltigkeit braucht praktisches Handeln, zu dem Menschen befähigt werden müssen. Die Bundestagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen) setzt sich deshalb für den Bildungsansatz Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) ein. „Nur wenn alle Menschen die Auswirkungen des eigenen Handelns verstehen, treffen sie die richtigen Entscheidungen, um nachhaltige Entwicklung anzustoßen.“ Befähigung beginnt idealerweise im frühen Kindesalter und funktioniert auch im ländlichen Raum, so ein zentraler Punkt in einem Gespräch der Abgeordneten mit drei Bauernhofpädagoginnen aus ihrem Wahlkreis Odenwald-Tauber.

„Kinder sind neugierig und wollen die Welt um sich herum von Anfang an entdecken und begreifen. Sie bauen ihr Wertegebäude auch aus den Erfahrungen, die wir Erwachsenen ihnen zu Teil werden lassen“, erklärt die Grünenpolitikerin. „Kinder erschließen sich ihre Umwelt vorurteilsfrei. Dazu gehören das soziale Umfeld wie Familie, Kita und Schule sowie die Natur.“ Die drei Bauernhofpädagoginnen Larissa Bender (landwirtschaftlicher Betrieb Bender in Elztal-Auerbach), Maria Perktold-Heinrich (Heinrich Hof in Obrigheim) und Melanie Schönit (Schönitshof in Buchen) unterstreichen, dass Kinder früh ein Gefühl dafür entwickeln, was in der Natur vor sich gehe. Sie bekämen leider auch mit, dass Bäume vertrockneten, Plastikmüll im Meer schwimme und Bienen stürben.

Nicht nur informiert sein, sondern informiert handeln

„Umweltbewusstsein und umweltschützendes Verhalten sind bereits bei Siebenjährigen gut ausgebildet“, berichtet die Sozialpolitikerin aus Ihrer Arbeit als Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestages. Im Rahmen ihrer Vorsitzzeit organisierte sie im Frühjahr eigens eine Anhörung zum Thema Bildung im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Klimakrise und Umweltzerstörung auf Kinder und Jugendliche. Ein Fazit: „Entscheidend für nachhaltiges Handeln ist, dass Kinder und Jugendliche nicht nur informiert sind, sondern informiert handeln.“, Zwar seien viele junge Menschen längst für Klima-und Umweltfragen sensibilisiert. Allerdings münde das nicht zwingend in nachhaltigem Handeln. Dafür ausschlaggebend seien Gefühle und die Verbundenheit zur Natur. „Bildung muss deshalb den Pfad vom Wissen zum Handeln im Blick haben.“

„Gerade in Zeiten, in denen klimabedingt Waldbrände ganze Landstriche niederwalzen und Hochwasser ganze Dörfer wegspült, kann BNE es Kindern ermöglichen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, denn genau darum geht es“, stellt Schneidewind-Hartnagel fest.

Bauernhöfe als Lernorte für nachhaltige Bildung

Bauernhöfe sind außerschulische Lernorte, die im Sinne von BNE pädagogische Angebot machen können und dies auch oft tun. „Wir müssen anstreben, dass solche Angebote möglichst alle Kinder erreichen“, fordert die Politikerin. Ein Hindernis ist die Finanzierung, weiß Maria Perktold-Heinrich zu berichten. Es gebe in Deutschland keine Regelfinanzierung für die Bauernhofpädagogik . Interessierte Bäuer:innen müssten ihre Ausbildung selbst zahlen, und die Angebote auf den Höfen würden aufwendig durch Fördergelder aus unterschiedlichen Töpfen und mit einem Eigenanteil der Eltern möglich. Für viele Kinder und deren Familien sei dies eine zu hohe Hürde.

Melanie Schönit zufolge haben die Besuche von Kitagruppen und Schulklassen auf den Höfen noch eher Ausflugscharakter. Das pädagogische Angebot sei aber ein Bildungsangebot mit gut ausgebildeten Akteur:innen und solle daher ein fester Bestandteil im Bildungsplan werden, so wie es bereits in Österreich und der Schweiz praktiziert werde. Für Larissa Bender ist klar, dass der Grundstein des Handelns in der Kindheit gelegt wird. „Wir schützten nur was wir liebten und der Umgang mit Tieren und Pflanzen setzt Empathie frei. Das ist unersetzlich und kann in keinem Klassenzimmer nachgestellt werden“

Schneidewind-Hartnagel rechnet damit, dass es in Zukunft mehr Bauernhofpädagogik geben wird. Die klimatischen Entwicklungen dürften dazu führen, dass mehr als die bisher nur sechs Bundesländer auf BNE zurückgreifen. „Die Erkenntnis wird wachsen, dass es ohne die Befähigung der Einzelnen zu nachhaltigem Handeln nicht gehen wird.“