Bericht zur Onlineveranstaltung mit Agnieszka Brugger von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Frieden und Freiheit in Europa verteidigen – umfassende Unterstützung für die Ukraine“

Agnieszka Brugger MdB, Buendnis 90/Die Gruenen Bundestagsfraktion

Fassungslos erlebt die Welt, wie der entsetzliche, völkerrechtswidrige russische Angriffs- und Vernichtungskrieg gegen die Menschen in der Ukraine Tod und Zerstörung bringt, die Friedensordnung verändert, weltweit die Wirtschaft bedroht und Hunger verursacht. Gleichzeitig hadern viele Menschen mit der Entscheidung der Bundesregierung, die Ukraine auch mit Waffen zu unterstützen. Auf Einladung des Kreisverbands der Grünen im Neckar-Odenwald-Kreis stellte MdB Agnieszka Brugger, für Bündnis90/Die Grünen Mitglied im Verteidigungsausschuss, in einer öffentlichen Onlineveranstaltung umfassend die Maßnahmen der Bundesregierung zur Verteidigung von Frieden und Freiheit in Europa dar und stand anschließend für die Diskussion mit den Teilnehmern zur Verfügung. Moderiert wurde die Veranstaltung von Amelie Pfeiffer, Vorsitzende der Grünen im Neckar-Odenwald-Kreis. Sie wies zu Beginn darauf hin, wie kontrovers die Frage der Haltung Deutschlands in diesem Krieg diskutiert werde. Sie fragte auch, ob die Solidarität mit der Ukraine nicht Gefahr laufe zu bröckeln angesichts der Energiekrise durch verringerte Gaslieferungen, die sich auch in allen privaten Haushalten längst bemerkbar macht, da ja kein Ende der Aggression in Sicht sei. Umso nötiger sei es, Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung zu erklären.

In ihrem Referat erinnerte die Expertin für Friedens- und Sicherheitspolitik kurz an die ersten Reaktionen nach dem Überfall auf die Ukraine. Schon nach vier Tagen hatte da die Ampelkoalition zur Unterstützung der Verteidiger mit den Stimmen der Union Waffenlieferungen beschlossen und zwei Monate später diesen Beschluss qualitativ konkretisiert. Agnieszka Brugger stellte fest, dass sich niemand mit der Frage von Waffenlieferungen leichttue und sowohl Handeln als auch Nichthandeln Konsequenzen hätten. Das müsse man sich bewusst machen. Doch gehe die Hilfe für die Ukraine weit über die militärische Hilfe hinaus. Weitere Mittel seien Diplomatie, die alles für ein Ende der Gewalt tue, die Erhöhung der humanitären Hilfe, medizinische Hilfsgüter, die Aufnahme von Flüchtlingen, die Aufklärung und Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und auch die finanzielle Unterstützung der Ukraine, auch für den Wiederaufbau. Das seien alles Maßnahmen, die das Leid der Menschen lindern helfen sollten. Außerdem gehöre eine Entwicklungszusammenarbeit dazu, die versuche, die Folgen für den globalen Süden abzumildern – ganz besonders schlimm jetzt nach der Pandemie – und eine Energiepolitik, die eigene Abhängigkeiten vom Kremlregime und damit auch Verwundbarkeiten deutlich reduziere. Das alles auf einmal zu bewerkstelligen, sei natürlich ein sehr großer Anspruch. Doch die Ukraine auf ihrem Weg zur Demokratie habe ein Recht auf Souveränität und Selbstverteidigung und müsse darin von allen demokratischen Staaten umfassend unterstützt werden.

Zu Beginn des Krieges hätten alle gedacht, es könne nicht länger als ein paar Tage dauern, erinnerte Agnieszka Brugger. Doch der Überfall habe zur Überraschung des Aggressors Wladimir Putin so mutigen Widerstand der ukrainischen Bevölkerung hervorgerufen, dass der russische Angriff zwar nicht komplett abgewehrt werden konnte, der Vormarsch russischer Truppen aber sehr erschwert und aufgehalten worden sei. Die Sicherheitsexpertin stellte fest, dass auch nach fast fünf Monaten des Kampfes die große Überzeugung und Motivation der Menschen in der Ukraine ungebrochen anhalte. Dadurch kämen die Angreifer nur sehr langsam voran. Die russischen Truppen seien demoralisiert und militärtechnische Fehler seien unterlaufen. Die große Motivation der ukrainischen Bevölkerung müsse durch Waffenlieferungen unterstützt werden, da alle Diplomatie und Sanktionsandrohungen nichts bewirkt haben. Natürlich würde immer weiter diplomatisch verhandelt, jedoch ohne sichtbaren Erfolg. In Putins krudem Weltbild habe die Ukraine eben kein Existenzrecht, erklärte die Referentin. Denn er verfolge eine imperialistische Ideologie, nach der demokratische Bewegungen wie die in der Ukraine, die von Russland unabhängig und der EU angenähert sein wollten, bekämpft und ausgerottet werden müssten. Aus dieser Haltung lasse sich eine Botschaft an die Welt ablesen, folgerte sie: Man dürfe Putin nicht gewähren lassen, denn dann würde er nach und nach immer weitere Staaten angreifen. Er würde näher an die EU und ihre Verbündeten heranrücken und Litauen, Polen, auch Deutschland gerieten damit direkt in die Gefahrenzone. Wer auf Beendigung des Krieges dringe, um die Gewalt zu beenden, dem müsse klar sein, dass Putin nicht zu Verhandlungen mit Unterlegenen bereit sei. Wo Putin herrsche, da sei kein Ende der Gewalt. Gleichwohl würde immer versucht, auf diplomatischem Weg auf ihn einzuwirken, ebenso würden Mittel für den Wiederaufbau und für die Unterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurden weitere Punkte angesprochen und differenziert diskutiert. Unter anderem wurde gefragt, ob die Ukraine denn überhaupt eine Chance hätte und ob sie genügend und vor allem die richtigen Waffen hätte, um sich erfolgreich zu verteidigen. Nach dem Verhältnis von Russland und China wurde gefragt, der Streit um die Exklave Kaliningrad war ein Thema und auch, ob die Sanktionen in Russland überhaupt Wirkung zeigten. Trotz teils unterschiedlicher Sichtweisen war man sich stets einig in der Verpflichtung zur umfassenden Unterstützung der Ukraine, was man ja auch bei der wöchentlichen Mahnwache in Mosbach zum Ausdruck bringe.